06.04.2021
06.04.2021
Schon vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie setzten die Gemeinde Bestwig und die Andreas-Schule auf Digitalisierung. Nun profitieren die GrundschülerInnen, Eltern und Lehrkräfte durch ein hohes Maß an Flexibilität.
Spare in der Zeit, dann hast du in der Not … dieses altertümliche Sprichwort hat Schulleiter Matthias Risse auf den Kopf gestellt, und erntet nun die Früchte. Schon zu Beginn des Jahres 2020 hat der technologie-begeisterte Direktor der Andreas-Schule in Bestwig-Velmede kräftig in moderne IT investiert, um seine Schule im Hochsauerlandkreis fit für die Zukunft zu machen. Dass diese Zukunft in Form der Corona-Krise nur wenige Wochen später schon zur „neuen Normalität“ würde, das hätte sich der Pädagoge nicht träumen lassen.
„Mir war es schon immer wichtig, dass wir auch in unserer kleinen Grundschule mit ihren 160 Kindern und 15 Lehrern mit der Zeit gehen. Deshalb habe ich mit meinen Kollegen und Kolleginnen schon jeher darauf geachtet, mit der Digitalisierung Schritt zu halten. „Die Anschaffung und Installation von 14 großformatigen, interaktiven Viewsonic - Tafeln durch unseren Träger, der Gemeinde Bestwig, im Januar 2020 stellte den bisherigen Höhepunkt dar“, erinnert sich Risse. „Dass die digitalen Tafeln, deren Internet-basierte Software und die davor schon eingeführten digitalen Hilfsmittel nur wenige Wochen später schon so wichtig werden, das war natürlich nicht abzusehen. So war es uns möglich gut gerüstet in die Corona-Krisenzeit zu starten.“
Um seinen Lehrkräften den Start in die digitale Lernwelt so einfach wie möglich zu gestalten hat Schulleiter Risse zu Beginn des ersten Lockdowns kurzerhand eigene YouTube-Videos aufgezeichnet, in denen er dem Kollegium die wichtigsten Funktionen der digitalen Helfer erklärte. „Durch Covid wurden wir zu einem echten Kaltstart gezwungen, den wir aber gut gemeistert haben, da alle an einem Strang zogen – Schüler, Eltern, Lehrer und Schulleitung. Wir haben zusätzlich noch schnell Online-Speicherplatz gebucht, um Dokumente austauschen zu können, und dann ging es auch schon los“, erinnert sich Risse.
Herzstück der digitalen Unterstützung ist seitdem die zur digitalen Tafel, dem sogenannten „ViewBoard“, gehörige Software „myViewBoard“, die den Unterricht auf Distanz datenschutzkonform ermöglicht. Die Lehrerinnen und Lehrer der Andreas-Schule können nun ohne großen Schulungsaufwand virtuelle Klassenzimmer erstellen und so mit den Kindern über Videounterricht in Kontakt bleiben. Die virtuelle Tafeloberfläche kann von allen vielfältig genutzt werden, sei es zur Veranschaulichung von Unterrichtsinhalten oder der gemeinsamen Arbeit an Schülerpräsentationen. Anders als beim bloßen Austausch von Arbeitsblättern, die per Hand ausgefüllt und dann wieder hochgeladen werden müssen, funktioniert das Lernen mit myViewBoard tatsächlich interaktiv. Und zwar auch bei schwacher Internetverbindung und unabhängig vom Betriebssystem von jedem Lehrer- oder Schülergerät aus. Ob Handy, Tablet oder PC, Windows, IOS oder Android ist also völlig egal.
Dass der Einstieg in den Digitalunterricht so reibungslos ging, verdankt die Schule auch der engen Zusammenarbeit mit der Kommune. Schon im Jahr 2018 hatte die Grundschule zusammen mit der Gemeinde im Zusammenhang mit dem „Medienkompetenz-Rahmen NRW“ in IT investiert und ein langfristiges Konzept erdacht. Dabei war, so Schulleiter Risse, klar, dass die Schule mehr anstrebte als die „obligatorischen 30 Tablets“. Ebenso einig waren sich die Beteiligten, dass 1 Computerraum ein Anfang, aber nicht das Ende sein darf.
So galt es neben einer technologischen Strategie auch ein pädagogisch-technisches Konzept zu entwickeln – nicht von heute auf morgen, sondern Schritt für Schritt. Dabei öffnete sich die Schule auch für externe Partner, die im technischen Bereich viel Erfahrung mitbrachten. Ebenso lag es der Schulleitung am Herzen, auch die Eltern stets mit im Boot zu haben. Vorbehalte bezüglich Strahlung, Sicherheit und Datenschutz wurden sachlich erörtert und letztlich ausgeräumt. Auch bei der Lehrerschaft fruchtete der Einsatz der Schulleitung.
„Die Kollegen und Kolleginnen waren sehr motiviert und zeigten eine hohe Bereitschaft sich auf Neues einzulassen. Natürlich war nicht bei jedem die Begeisterung, ebenso wie die Vorkenntnisse, gleich groß. Da wir die Digitalisierung unserer Schule aber nicht als Revolution, sondern als schrittweisen Wandel konzipiert hatten, konnten wir alle mitnehmen“, erinnert sich Risse. „Unser Medienentwicklungsplan ist für alle nachvollziehbar und macht deutlich, dass wir Technologie nicht um ihrer selbst einsetzen, sondern stets nur als Mittel zum Zweck.“
Mit zunehmender Dauer des Lockdowns haben Lehrer und Schüler die Nutzung der neuen digitalen Möglichkeiten immer weiter ausgereizt und kreativ erweitert. So werden auch Inhalte, welche die Lehrkräfte erstellen, aufgezeichnet und stehen nicht nur „live“ zur Verfügung. Damit können auch kranke Schüler und Schülerinnen, die nicht am Online-Unterricht teilnehmen können, die Inhalte nachholen. Dadurch, dass die Lehrkräfte immer mehr Routine bekommen, werden die Formate immer interessanter, interaktiver und effizienter.
Auch gelegentliche Skepsis, die mancherorts gegenüber hochmoderner IT in Grundschulen herrscht, hat sich in Bestwig-Velmede als überzogen erwiesen. Ganz im Gegenteil: Gerade die Jüngsten zeigen sich als sehr offen und neugierig, setzen die digitale Technologie in Begleitung ihrer Lehrer und Lehrerinnen, in Gruppenarbeit mit ihren Mitschülern und Mitschülerinnen oder auch alleine beim Distanzlernen / Distanzunterricht gerne ein. Alle Corona-bedingten Lücken jedoch kann die Technologie nicht schließen.
„Die Lehrerausbildung ist aus gutem Grund stark am persönlich-interaktivem 1:1-Kontakt orientiert. Gerade in der Grundschule gilt es für die Lehrer und Lehrerinnen möglichst eng mit und an den Kindern zu arbeiten. Hier kann der Online-Fernunterricht zwar viel leisten, aber eben doch nicht alles“, räumt Risse ein. „Mittlerweile haben wir aber Wege gefunden durch den interaktiven Unterricht sehr kinderfreundlich zu lehren und auch die soziale Komponente zu stärken. Auch wenn die Technik den Menschen, in diesem Fall die Pädagogin oder den Pädagogen vor Ort, nicht ersetzen kann, so sind wir mit dem Erreichten sehr zufrieden.“