03.01.2022
03.01.2022
Kronenberg: In einem Artikel der FAZ wurdest Du als „der Rockstar der Mathematik“ bezeichnet. Was hältst Du davon?
Jung: Ich bin erst einmal froh, dass man mich so betitelt hat, denn bei Rockstar denkt man ja eigentlich zuerst an einen Musiker oder einen Fußballer. Und diese Bezeichnung von außen durch Mathematik zu bekommen, hat mich schon ein bisschen stolz gemacht.
Kronenberg: Du hast 2020, kurz vor dem ersten Lockdown, ein Buch herausgebracht: „Let’s rock education“ – ein Plädoyer für eine digitale Lern-Revolution. Sind wir in Deutschland denn inzwischen weitergekommen in Sachen Digitalität?
Jung: Die Zeit der Corona-Pandemie hat uns gezeigt, dass wir einfach sämtliche Züge verpasst haben. Ich bekomme viele Rückmeldungen von Schülerinnen und Schülern, Studierenden, Lehrerinnen, Lehrern oder bin im Austausch mit anderen Unternehmern. Was in Deutschland nach wie vor fehlt, ist eine Kombination aus verschiedenen Dingen: Es fehlt hauptsächlich der Mut, Neues zu testen. Im Bildungsbereich müssen wir anerkennen, dass sich das komplette Lehren und Lernen verändert wie nie zuvor – und es dafür keine Non-Plus-Ultra Lösung gibt, sondern wir bereit sein müssen, neue Dinge auszuprobieren und auch mal Fehler zu machen. Es reicht jetzt nicht, das klassische, analoge Programm jetzt auf neuen Geräten oder online zu durchzuziehen. Digitales Lehren und Lernen ist ein völlig anderer Prozess.
Kronenberg: Inwiefern denn zum Beispiel?
Jung: Digital unterrichten heißt unter anderem: Wir müssen überlegen, wie wir kommunizieren wollen. Und wie wir digitalen Content, beispielsweise in Form von Videos, Podcasts und so weiter sinnvoll nutzen möchten. Dazu brauchen Schulen und insbesondere Lehrkräfte aber auch kreativen Freiraum und eine positive Fehlerkultur. Ein problematischer Punkt ist außerdem, dass Lehrerinnen und Lehrer bislang nicht systematisch darauf vorbereitet wurden, digital zu unterrichten. Es fehlt ein Masterplan, um die Lehrkräfte völlig neu zu schulen, damit sie beispielsweise in Zukunft hybrid unterrichten können. Denn die Zukunft wird definitiv hybrid sein.
Kronenberg: Inzwischen hast Du beeindruckend viele Projekte im Bildungsbereich, angefangen von Deinem YouTube-Kanal „Mathe by Daniel Jung“ mit inzwischen rund 800.000 Abonnenten bis hin zum eigenen Schulungsunternehmen. Und jetzt kommt auch noch eine Partnerschaft mit ViewSonic dazu…
Jung: Richtig. Es gibt einfach noch viele Ideen, die ich ausprobieren möchte. (lacht) Ich produziere meine neuen Videos jetzt mit dem interaktiven ViewBoard, um darüber noch andere Elemente einzubauen. Mit der entsprechenden Software wären zum Beispiel auch Live-Events denkbar, ich könnte mich mit einer Klasse verknüpfen und Schüler direkt in das Tafelbild mit reinholen. Dann können wir gemeinsam aktiv werden und kreativ Mathe erleben. Denn das ist mein ganz klares Ziel, zu zeigen, wie viel Spaß Lernen und vor allen Dingen Mathematik machen kann.
Kronenberg: Und dabei helfen digitale Tools?
Jung: Digitale Inhalte, Tools und Hardware sind natürlich kein Ersatz für guten Präsenzunterricht. Aber sie sind eine weitere Möglichkeit, Schülerinnen und Schüler aus sich selbst heraus zu motivieren. Und das ist ein wichtiger Schritt in Sachen „New Learning“. Dazu kommt, dass Geräte mit einer extra für Schulen entwickelten Software wie das ViewBoard in Kombination mit der myViewBoard Plattform ja auch das Leben der Lehrkräfte erleichtert. Damit wird ganz neuer Unterricht möglich, ohne dass sich ein Lehrer oder eine Lehrerin lange schulen lassen muss. Mir gefällt auch der niedrigschwellige Ansatz, dass man Dokumente wie pdf-Dateien oder Powerpoint-Präsentationen, die man bereits erstellt hat, weiterhin nutzen und durch andere Tools und Apps ergänzen kann. Das alles spart Zeit, die man dann für die pädagogische Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen hat. Und um die geht es ja schließlich.
Über Daniel Jung
Daniel Jung beschäftigt seit vielen Jahren mit dem Thema Bildung sowie der Vermittlung von Mathematik als Grundlage für zukunftsträchtige Jobs. Bekannt wurde er durch seinen YouTube-Kanal „Mathe by Daniel Jung“.
„Ich habe schon immer gerne Mathe erklärt, schon in der Schule“, erzählt Daniel Jung im Interview. Nach dem Abitur studierte er Mathematik und Sport in Wuppertal und Köln. In seinem ersten Studienjahr gründete er ein eigenes Start-up für Nachhilfe und organisierte klassische Prüfungsvorbereitungskurse. Ein Jahr später entdeckte er YouTube als Verbreitungsmedium für seine kurzen Mathe-Erklärvideos. Mit circa 60 Millionen Views im Jahr gehört er heute zu den meistgesehenen Onlinetutoren weltweit.
Jung hat inzwischen viele weitere Projekte im Bereich Bildung und Digitalisierung angestoßen: Eine eigene Plattform (Mathefragen.de), Online-Kurse, einen New-Learning-Space in seiner Heimatstadt Remscheid sowie die Daniel Jung Academy, die unter anderem Projekte für digitales Lehren und Lernen umsetzt. Sein nächstes Ziel: Eine eigene Schule gründen. Weitere Infos unter: https://danieljung.io/